29.04.05
out
Nun ist er out. Das Urteil ist gesprochen.
Ratzinger, nein Benedikt der soundsovielte, um den man sich nie gekümmert hat, von dem man aber immer mal wieder seltsam Unerfreuliches hörte, wurde anlässlich der Papstwahl erstmals beäugt. Und er sah nett aus, freundlich, klug, hatte keine kalten Augen. Ja gut, seine Ansichten zur Familie, zum ungeborenen Leben etc. konnte man als die Ansichten eines weltfremden alten Mannes verstehen. Weltfremd - die Weltfremden sind oft die interessantesten Menschen. Aber jetzt zu wissen, dass er "Harry Potter" als "subtile Verführung" sieht und dieses Buch verdammt... Das ist der Tropfen, der...
Bücherverdammung, Bücherverbrennung...
Menschenverdammung, Menschenverbrennung...
Inquisition...
Bücher verbieten...
Totalitarismus...
Interessant, dass das der Punkt ist, an dem die eigene Toleranz aufhört. Denn die anderen Ansichten dieses Papstes sind ja auch nicht ohne. Aber bei den Büchern, da hört es auf.
Das spricht Frieda, die Kämpferin. Frieda, die humanistisch und spirituell, aber in keinem christlichen Glaubensgebäude daheim ist. Frieda, die Bücher wie die Luft zum Atmen braucht und die zwei Drittel Ihres Lebens in einem Land der verbotenen Bücher gelebt hat.
Ratzinger, nein Benedikt der soundsovielte, um den man sich nie gekümmert hat, von dem man aber immer mal wieder seltsam Unerfreuliches hörte, wurde anlässlich der Papstwahl erstmals beäugt. Und er sah nett aus, freundlich, klug, hatte keine kalten Augen. Ja gut, seine Ansichten zur Familie, zum ungeborenen Leben etc. konnte man als die Ansichten eines weltfremden alten Mannes verstehen. Weltfremd - die Weltfremden sind oft die interessantesten Menschen. Aber jetzt zu wissen, dass er "Harry Potter" als "subtile Verführung" sieht und dieses Buch verdammt... Das ist der Tropfen, der...
Bücherverdammung, Bücherverbrennung...
Menschenverdammung, Menschenverbrennung...
Inquisition...
Bücher verbieten...
Totalitarismus...
Interessant, dass das der Punkt ist, an dem die eigene Toleranz aufhört. Denn die anderen Ansichten dieses Papstes sind ja auch nicht ohne. Aber bei den Büchern, da hört es auf.
Das spricht Frieda, die Kämpferin. Frieda, die humanistisch und spirituell, aber in keinem christlichen Glaubensgebäude daheim ist. Frieda, die Bücher wie die Luft zum Atmen braucht und die zwei Drittel Ihres Lebens in einem Land der verbotenen Bücher gelebt hat.
28.04.05
radiosender
Wie wäre es mit einem neuen Radiosender? Einer, der frühmorgens nicht laut, lustig, fröhlich ist. Einer, der gegen die Morgenputzigmunterkeit die allumfassende Morgenmüdigkeit setzt. Der bitte nicht laute schrille Töne, Spässe und dieses "ach wie schön ist der Tag" sendet. Der seine Hörer in der grauen Morgenträgheit begleitet, uns sagt, dass der Morgen schrecklich ist, und der Geist noch nicht bereit für das lärmende Leben. Leise, neblig, grau und verstehend.
Naja, lieber nicht.
Naja, lieber nicht.
27.04.05
photographie
Seit einigen Monaten dem Photographieren verschrieben und schon treten Persönlichkeitsveränderungen auf.
- Sich amputiert fühlen, wenn man ohne Photoapparat aus dem Haus gegangen ist.
- Neben dem Geschichtendenken das Bildersehen kultivieren.
- Licht und Schatten in der Aufmerksamkeit wesentlich werden lassen. Orte nach Sonnenstand aufsuchen.
- Langes Ärgerlichsein wenn ein unwiederholbares Motiv durch Unaufmerksamkeit bei der Kameraeinstellung verdorben wurde.
- Ständige Einfälle zu Motivserien.
- Sich verlieren in den Bildern anderer und in der Gestaltung der eigenen.
- Ein unendliches Gebiet vor sich sehen.
- Vielleicht ein wenig leidenschaftlich werden.
Und vor allem sich sehr gut fühlen damit.
24.04.05
freitagnachmittag
Zeitig aus dem Büro gegangen. Auf dem Wochenmarkt Käse und Gemüse gekauft. Aber es war der falsche Ort. Vor allem waren hier die stumpfen alten Leute und dumpfe Leute ohne Job. Man spürt die Leerheit ihrer Tage, die Armut. Diese Region hier gehört nicht zu den reichen. Warum sieht Armut in Deutschland so hässlich aus?
Um zu überleben in einen anderen Teil der Stadt gefahren, in den Stadtteil. Und ja, sofort wieder atmen können. Hier Menschen, die auch mit wenig Geld leben, aber mit Visionen, Träumen, eigenen Ansichten und Ideen. Unangepasst, individuell, lebendig. Es atmet Kultur an allen Ecken. Verschiedene Kulturen und Subkulturen friedlich nebeneinander. Künstler, ökologisch Orientierte, Konsumverweigerer, Linke, Punks, Kiffer, Trinker, kleine Geschäftsleute, Hare Krishnas, Esoteriker – auch Verrückte und absolute Aussenseiter. Ausländer fühlen sich hier wohl, denn man mag sie hier, mag die Vielfalt, das Bunte. Alles friedlich, gelassen, stimmig. Keine Aggressionen. Freundlichkeit in den vielen kleinen Läden, den guten kleinen Buchläden. Das Angebot an Kneipen ist gross und bunt wie das ganze Viertel.
Musik der Hare Krishnas, Folk von der Band, die für ihre Abendveranstaltung wirbt, Metal aus den Plattenläden, Groove und Jazz aus den Kneipen, die sich auf den Abend vorbereiten. Stühle werden herausgestellt. Instrumente geschleppt. Alles vibriert vor Energie. Hier ist Leben.
Um zu überleben in einen anderen Teil der Stadt gefahren, in den Stadtteil. Und ja, sofort wieder atmen können. Hier Menschen, die auch mit wenig Geld leben, aber mit Visionen, Träumen, eigenen Ansichten und Ideen. Unangepasst, individuell, lebendig. Es atmet Kultur an allen Ecken. Verschiedene Kulturen und Subkulturen friedlich nebeneinander. Künstler, ökologisch Orientierte, Konsumverweigerer, Linke, Punks, Kiffer, Trinker, kleine Geschäftsleute, Hare Krishnas, Esoteriker – auch Verrückte und absolute Aussenseiter. Ausländer fühlen sich hier wohl, denn man mag sie hier, mag die Vielfalt, das Bunte. Alles friedlich, gelassen, stimmig. Keine Aggressionen. Freundlichkeit in den vielen kleinen Läden, den guten kleinen Buchläden. Das Angebot an Kneipen ist gross und bunt wie das ganze Viertel.
Musik der Hare Krishnas, Folk von der Band, die für ihre Abendveranstaltung wirbt, Metal aus den Plattenläden, Groove und Jazz aus den Kneipen, die sich auf den Abend vorbereiten. Stühle werden herausgestellt. Instrumente geschleppt. Alles vibriert vor Energie. Hier ist Leben.
22.04.05
raumwechsel
Wie sich das Lebensgefühl mit einem Raumwechsel ändern kann. Seit gestern in einem anderen, kleineren Büro. Der Raum ist abgeschlossener, schmaler. Aber er ist warm, morgensonnig und mit einer einmaligen Aussicht. Zu sehen sind: die unglaublich schönen Türme der Altstadt, der Fluss, zwei Brücken mit den darüberfahrenden Strassenbahnen und Autos, Strassen, Grün, links und rechts die Höhen der Stadt, geradeaus der Horizont. Der Himmel hoch und weit. Das Atmen verändert sich bei diesem Blick.
19.04.05
erlaubnis
Sich selbst um die Erlaubnis für den totalen Rückzug bitten. Das nicht genehmigt bekommen.
sein
Gut sein. Authentisch sein. Gelassen sein. Klug sein. Empfindsam sein. Wahrhaftig sein. Kreativ sein. Mitfühlend sein.
Niedergeschlagen sein.
Niedergeschlagen sein.
17.04.05
kleinstadt
Die kleinen Orte. Die stehengebliebene Zeit. Seltsames ungutes Gefühl an einem Sonntagmorgen in der Kleinstadt.
16.04.05
sarah kirsch
Heute wird Sarah Kirsch 70 Jahre alt. Eine der Besten.
Krähengeschwätz
Mein Richtstern ist ein faust-
Großer Planet und mein Kompaß
Liegt auf dem Grund der See
Aber die Hoffnung will tanzen
Nur der Sperber über der Ebene
Liest die Gedanken.
Erde und Menschen sind
Gänzlich verwildert hilft
Kein Besinnen der Klotz
Ist unterwegs im freien Fall
Und ich selbst
Entstamme einer Familie von Wölfen.
Sarah Kirsch
15.04.05
kalt
Kann man sich beschwerdefrei nennen, wenn der ewige Druck auf der Seele wieder so spürbar ist, und es immer noch zu kalt ist - zum Weinen kalt.
14.04.05
anders
Da war diese neue Mitarbeiterin der Softwarefirma, mit der endlich die ewig fehlerhafte Anwendung in Ordnung gebracht werden konnte. Ein sehr nette, geradlinige, offenherzige Person. In die Gespräche, die in den Wartezeiten beim Installieren geführt wurden, kam eine schnelle Vertrautheit. Da war Klugheit, Sensibilität, ein Hinter-die Dinge-schauen. Einen kleinen Bruch gab es, als das Thema Zeitunglesen gestreift wurde. Sie liest nur die Sportseiten. Selbst mehr oder weniger alles lesen, aber niemals, wirklich niemals etwas über Sport.
So anders und doch nah.
So anders und doch nah.
13.04.05
zeitgewinn
Der Versuch sich wieder mal auf eine Serie einzulassen wird nach der ersten Folge abgebrochen. Keine weitere Chance. "Desparate Housewives" ist einfach zu weit ab vom eigenen Denken/Fühlen - nicht subtil, intelligent, spritzig, sondern eher plump, voraussehbar, nervend. Ein nie gelingender Nudelauflauf, schreiende Kinder, abstossende Vorstadtbilder. Was ist das gegenüber einer Sarah Jessica Parker, die auf einem superklasse Notebook auf dem Bett Kolumnen schreibt, diesem Lebensgefühl kluger, aufgeweckter Frauen in New York, diesen Kleidern, Frisuren, dieser Lust am Leben, dieser Vielfalt an Themen. Vom feministischen Gesichtspunkt her sollten die "Housewives" wohl sowieso zerschreddert werden.
12.04.05
so sein
Wir haben Süden um jeden Preis, helle, harmlose, muntere, glückliche und zärtliche Töne nötig.
(Nietzsche)
ein bisschen kafka
Die Kraft zum Verneinen, dieser natürlichsten Äusserung des immerfort sich verändernden, erneuernden, absterbend auflebenden menschlichen Kämpferorganismus, haben wir immer, den Mut aber nicht, während doch Leben Verneinen ist, also Verneinung Bejahung.
Wie ein Weg im Herbst: Kaum ist er rein gekehrt, bedeckt er sich wieder mit den trockenen Blättern.
Deinen Kreis immer mehr einschränken und immer wieder nachprüfen, ob du dich nicht irgendwo ausserhalb deines Kreises versteckt hältst.
(Franz Kafka)
08.04.05
graffitis
Frieda - die Kämpferin liest von der "Hubschrauberjagd auf Graffiti-Sprayer, und erfährt, dass bei Schily "der Jäger im Mann erwacht" ist. Und liest: "Um die Graffiti-Seuche einzudämmen, brauchen wir Hubschraubereinsätze bundesweit." und: "Das Innenministerium hofft, dass der Berliner Hubschraubereinsatz gegen Sprayer Verständnis bei den lärmgeplagten Anwohnern findet..." Und denkt an den Besuch von Bush in Deutschland. Und denkt an die Videokameras in den Städten. Nun auch Wärmebildkameras. Ein Hauptfeind - der jugendliche Graffitisprayer... Das entschuldigt natürlich alles. Klar, verstehen wir. Danke Schily.
07.04.05
heute morgen
Die normale frühmorgendliche Benommenheit, in der jedes Geräusch schrecklich ist. Gut passt es zu lesen. Heute in"Wiederkehr der Mystik" von Willigis Jäger. Gute Morgenlektüre.
Duschen.
Gedanken über das Archaische dieser Menschenmassen in Rom. Verstört sein darüber.
Bett machen. Anziehen.
Sehen, dass die anliegende Hausarbeit eigentlich nicht zu bewältigen ist. Diesen Gedanken wieder ausblenden.
Brote belegen. Tee kochen.
Ganz im Augenblick sein.
Letzte Handgriffe im Bad.
Im Kulturradio Jazz, der etwas zu laut und zu grell ist um diese frühe Zeit.
Erste Gedanken ans Büro. Diese Gedanken wieder wegschieben.
Frühstück mit J.
Frischer Obstsalat. Pfefferminztee.
Reden.
Jacke anziehen. Zum Auto gehen.
Zurück gehen und Schirm holen.
Und ab gehts.
Duschen.
Gedanken über das Archaische dieser Menschenmassen in Rom. Verstört sein darüber.
Bett machen. Anziehen.
Sehen, dass die anliegende Hausarbeit eigentlich nicht zu bewältigen ist. Diesen Gedanken wieder ausblenden.
Brote belegen. Tee kochen.
Ganz im Augenblick sein.
Letzte Handgriffe im Bad.
Im Kulturradio Jazz, der etwas zu laut und zu grell ist um diese frühe Zeit.
Erste Gedanken ans Büro. Diese Gedanken wieder wegschieben.
Frühstück mit J.
Frischer Obstsalat. Pfefferminztee.
Reden.
Jacke anziehen. Zum Auto gehen.
Zurück gehen und Schirm holen.
Und ab gehts.
05.04.05
zu sehr berührt
Dieses Zitat hier anführen wollen
...freunde, die man bloß nie leibhaftig gesehen hatte (wie die weblogfreunde, die man liest, ohne dass sie wüssten, wie sehr sie einem freunde sind)...dann aber im Gesamttext nochmal hängenbleiben und schon wieder zu sehr berührt sein vom Schreiben des Praschl. Das trifft an der richtigen Stelle.
unausweichlich
Manche Wege müssen gegangen werden. Da gibt es nichts, wirklich nichts, was einen davor bewahren könnte.
zuviel wissen
Kann man zuviel wissen? Immer wieder hören: "Das will ich garnicht wissen." Selbst alles wissen wollen - immer. Wie sonst kann man verstehen?
sich stellen
An dem Punkt sein, an dem man das Hauptproblem des eigenen Lebens gnadenlos analysiert. Von allen Seiten und in aller Tiefe. Alles aufschreiben. Das ist nicht in wenigen Tagen getan. Da muss recherchiert werden. Es wird ziemlich schmerzen. Eigentlich schmerzt es ja immer. Aber der Schmerz wird fühlbar zunehmen. Das aushalten wollen. Sich selbst den Fluchtweg verbauen. Gefühle: Willensstärke, Unbeirrbarkeit, Angst. Den Weg durch das dunkle Unterholz beschreiten - irgendwann wird man wieder auf einer Lichtung stehen und das Gesicht dem Himmel zuwenden.
04.04.05
studs und david
Gut, dass letztlich im Buchladen die Gespräche um Leben und Tod von Studs Terkel unbedingt mitgenommen werden wollten. Ein hervorragendes Buch - das kann man schon nach den ersten fünfzig Seiten sagen. Nun der Wunsch, seine anderen Bücher zu bekommen.
Gestern abend beim TV-Durchgucken im David Bowie-Konzert gelandet. Das war so gut, dass kurz die Vorstellung aufkam, direkt in eines seiner Konzerte zu gehen.
Gestern abend beim TV-Durchgucken im David Bowie-Konzert gelandet. Das war so gut, dass kurz die Vorstellung aufkam, direkt in eines seiner Konzerte zu gehen.
01.04.05
manche tage
Es gibt Tage, an denen es unmöglich ist, etwas in einen Ordner zu heften, Sachen in den Schrank zu räumen oder in einen Supermarkt zu gehen - kurz gesagt, Geistloses zu tun. Schwierig wenn man in einem stupiden fulltime-job engagiert wirken und das Familienleben organisatorisch im Griff haben muss.