28.07.05

brüchig

Einfach nur sein. Das gelingt zur Zeit überhaupt nicht.

Seit Wochen aus dem Funktionieren- und Reagierenmüssen nicht herauskommen. Merken, dass man langsam zerbröckelt. Aufgabe: Stabilität wiederfinden.

"Ich bin 3000 Jahre alt und hab zuwenig Schlaf."
(oder so ähnlich von Heinz-Rudolf Kunze)

24.07.05

brutal

Entweder er hasst dich oder er verschlingt dich. Beides auf brutale Weise. Ein nicht mehr junger Mann, der tief innen ganz unsicher ist und Brutalität im Blick hat. Eine gefährliche Mischung.

Wo ist Jule, diese junge und unerfahrene Frau, da hineingeraten. Sie hat ihn geheiratet nach kürzester Zeit. Die Familie weiss nicht, wie sie mit diesem Mann und dieser Situation umgehen kann. Jule selbst weiss garnichts, sie fühlt sich geliebt und strahlt Zufriedenheit und Stolz aus. Das Leben trägt wieder mal romanhafte Züge. Mit diesen Protagonisten allerdings wird keine Neverending-Love-Story geschrieben. Wir sollten uns auf was gefasst machen.

21.07.05

notaufnahme

Gelernt und erfahren:

Immer, immer 10 Euro einstecken haben - für den Fall, dass man einen Notarzt braucht. Früher hiess es, man soll immer frische Unterwäsche anhaben.
*
Auch wenn man mit einem Angehörigen in die Notaufnahme kommt, der ersichtlich im Schockzustand ist und schreckliche Schmerzen hat, müssen erst, nicht zu schnell, nein nicht zu schnell die Angaben von der Chipkarte in den Computer getippt werden. Und das Geld muss kassiert werden mit Quittung, die man jetzt wirklich nicht braucht. Auf die Frage, ob nicht schon mal nach dem Patienten geschaut werden kann, die freundliche Antwort: "Schneller geht es nicht."
*
Warum gibt es hier keine Toilette für die wartenden Angehörigen. Zum Kotzen oder dass man etwas Wasser trinken kann. Trockener Mund.
*
Die anderen Angehörigen wirken entspannt. Denen ist garnicht schlecht oder so.
*
Jetzt muss das Auto aber vor der Tür weggefahren werden. Freundliche Aufforderung. Erlaubten Stellplatz suchen - nervenflatternd. Das Auto ist nagelneu und grösser als das eigene - schlecht bei kleinen Parklücken. Sieben Runden ums Karree.
*
Gedanken laufen. Was ist, wenn. Wenn, dann. Oder aber. Vielleicht auch nicht. Oder doch. Wie dann, wenn.
*
An das Haus voller Blut denken, in das man dann zurückkommen wird.
*
Die lindgrüne Farbe der Türen ist gut. Wirklich gut. Lindgrün.
*
Die Frau neben einem riecht so nach altem Menschen, dass ein Platzwechsel ansteht. Was ist das, wonach alte Menschen dann riechen? Was muss man tun, damit man in ein paar Jahren diesen Geruch nicht verströmt?
*
Viele Menschen in weissen Kitteln. Schichtwechsel.
*
Schwester Rosi wird oft gerufen. Sie wird gebraucht.
*
Könnte es helfen, wenn man den Verbandsmull, den man in der Tasche hat ein bisschen auftrennt? Nö, hilft nicht und sieht auch blöd aus.
*
Das eigene Körperteil untersuchen, um festzustellen, wie es an welcher Stelle funktioniert und was jetzt bei J. ausfallen könnte fürderhin. Sieht übrigens auch blöd aus.
*
What the hell, warum wechselt nun die Frau, derentwegen man sich umgesetzt hatte, den Platz - und zwar auf einen Stuhl gerade neben einen? Jetzt muss man den Geruch aushalten. Man will ja nicht auffällig werden. Diese Frau nicht mögen. Sie sieht so selbstgerecht aus.
*
Die Stühle im Angehörigenwarteraum haben aufgerissene Bezüge. Ist aber ok. Alles perfekt sauber. An Krankenhäuser in armen Ländern denken.
*
Der alte Mann mit der Injektionsnadel im Arm, der so freundlich aussieht, hat seit zwei Tagen nichts getrunken. Nicht gut. Aber er hat Ehefrau und Tochter dabei, ist nicht allein.
*
Gut zu tun haben sie hier, die Ärzte, Pfleger und Schwestern. Alles leise, ohne Hektik.
*
Herumlaufen. Was ist mit J.?
*
Nachdem J. drei Stunden da drin ist, an der Rezeption leise nachfragen. Zurechtgewiesen werden, dass das ja nun wirklich nicht lange ist für das, was alles gemacht werden musste. Ja, was musste gemacht werden? Antwort: Ziemlich viel. Aha.
*
Dankbar sein, dass es diese Notaufnahme gibt. Qualifizierte Hilfe. Gute engagierte Ärzte.
*
J. im Behandlungsraum abholen. Kurze Erläuterungen. Freundlich. Ruhig. Schmerztabletten für zuhause von eins auf vier hochhandeln.
*
Es gibt doch eine Toilette hier. Die hat man nur nicht gefunden. Reine Nervensache.
*

14.07.05

haigesang

Unsere Haie haben gesungen. Einige von uns sind in Ihren Mäulern verschwunden. Rückenkälterieseln. Müdigkeit.

durchströmend

Eine solche Klarsicht entwickelt haben, dass man beim nur kurzen und wachen Hinschauen sofort das Leben und Sein der jeweiligen Menschen genau kennt. Das ist unheimlich.

In einer Einkaufsmeile kann man damit in kürzester Zeit viele Leben deutlich an sich vorbeiziehen sehen. Verstörend und anstrengend. Ein Grund zunehmend Menschenmassen und Menschen zu meiden.

13.07.05

hai im fahrstuhl

Die Fahrstuhltür öffnete sich auf der Haietage und sie stieg zu. Da im Fahrstuhl keiner ihrer Artgenossen und auch keine Beute war, wurde das schon in in Angriff genommene Lächeln sofort zugunsten absoluter Uninteressiertheit abgebrochen. Ganz faszinierend, wie das abrupte Beenden dieses angefangenen Lächelns ihrem Gesicht das unverfälschte Haifischaussehen gab. Sie ist ein kleiner weisser Hai.

Übrigens, morgen wollen uns die Haifische etwas vorsingen.

12.07.05

kollegenfrust

Wenn es ein Mensch schafft, einem so richtig Ärger zu machen, einer, der alle Versuche des Entgegenkommens und Tolerierens beantwortet mit Unverschämtheit und Grosskotzertum, und man dann nach dem nicht mehr zu verhinderndem Schlagabtausch über dessen Vorgesetzten erfährt, dass dieser Mensch doch so ausserordentlich gewissenhaft und korrekt wäre - ja dann weiss man, warum all das in solche Niveaulosigkeit ausarten musste. Überkorrekt sein ist ein Zeichen von Unkultiviertheit. Kann man eigentlich gleich draufhauen, alles andere ist vergebliche Liebesmüh.

tausenderlei

Dieses Springen von Projekt zu Projekt. Und dann der Gedanke, ob man Projekte, die einen froh machen, aufgeben sollte um nur jene fortzuführen, in die das Herzblut fliesst.

06.07.05

world domination

Sie haben uns alle im Griff.

Beim Pfadegehen bei Flickr etwas unwillig geworden, weil man allerorten auf Katzenbilder in grosser Zahl trifft. Über den Katzencontent in Blogs ist ja schon genug geschrieben worden. Auch im eigenen Wohngebiet gibt es zuviele Katzen pro Quadratmeter (wie von einem Katzenkenner zu erfahren war). Sie haben all diese Orte besetzt.

Doch das Wahnsinnigste ist, dass nun, da man eben etwas gegen Katzen, so wie ja in manchen Blogs auch gegen Kinder geschrieben wird, verfassen wollte, einem ein Katzenbild vor Augen kommt, das man so gut findet, dass ...

Ich will keine Photos hier. Ich will keine Katzenbilder. Wahrscheinlich haben sie soeben auch meinen Kopf annektiert.


05.07.05

scherze

Obwohl man selbst mit sich und seinem Alter sehr zufrieden ist, wirklich gern und sehr bewusst älter wird, ist man doch immer wieder versucht, über das eigene Alter zu scherzen, auf dass es kein anderer tue. Dieser Impuls ist zu unterdrücken.

04.07.05

ewige verbindung

Das eine ist, dem eigenen Inneren gemäss zu leben - das andere, dass es dem Menschen, der ein Teil von einem selbst ist, gut geht. Nur so ist Ausgewogenheit möglich. Diese nie mehr verschwindende bedingungslose tiefe Liebe.

Es geht ihm gut. Es geht mir gut.

03.07.05

romanfiguren

Welch seltsamer Tag. Begegnungen mit Menschen, die unglaubliche Romanfiguren sind.

Nach mehreren Jahren kommt P. vorbei und erzählt mit hastigen atemlosen Worten sein Leben der letzten Jahre, und sein Leben, das wir noch kannten, wird auch noch einmal verifiziert. Diese kleinen Lügen. Diese Unwahrheiten sind seine Wahrheiten. Je länger er erzählt, desto löchriger wird das Lügengebäude, welches ihm sein Haus ist. Der flatterige Blick, das Nichtbeisichsein. Dieses hungrige Heischen nach Bestätigung. Und die will er von uns, denen er damals wirklich, wirklich übel mitgespielt hat. Er taugte uns heute zu einer sehr interessanten, runden Menschenstudie.

Kurz darauf kommt S., der so drängend immer unser Freund sein wollte, und sagt Sätze, in denen sich seine ganze Missgunst spiegelt, die so klar noch nie ersichtlich war. Unwahrheiten gehen mit Missgunst Hand in Hand.

Beides Menschen, die in ihren Ibsenschen Lebenslügen gefangen sind. Löchrigen Lebenslügen.

02.07.05

worte und bilder

Es ist wohl so, dass über Bilder schneller gleichdenkende und -fühlende Menschen zueinanderfinden als über Worte. Blitzartig erfasst man die gleiche Wellenlänge, während man an Sätzen länger liest und denkt und abwägt. Man ist ergriffen oder abgestossen in Bruchteilen von Sekunden, und in ebendieser kurzen Zeit öffnet oder verschliesst sich das eigene Herz. Beim Lesen ist man immer wieder versucht nochmal und nochmal zu prüfen, ob man an einer Stelle ist, die einem gemäss ist, beim Bild weiss man es sofort.

Die Blogosphäre macht froh, Flickr macht glücklich. Yes Sir.

01.07.05

grey and gold

here is a rainy gray day. but my soul is golden now.

catch the train

Wie kommt es, dass das Leben plötzlich einfach auf der richtigen Schiene läuft? Obwohl man nichts anders macht, stimmt auf einmal alles. Die Richtung stimmt, die Geschwindigkeit stimmt, die Ausblicke sind gut. Vielleicht ist es das Ergebnis davon, dass man lange genug nach dem richtigen Zug gerannt ist, sich immer wieder aufgerappelt und den Schweiss und Schmutz abgewischt, die Anstrengungen und Schmerzen ertragen hat. Wenn man auch noch nicht ganz bequem drin sitzt, noch vor den Abteilen steht - man ist im Zug, und die Abteiltür kriegt man jetzt auch noch auf.